Was ist erlaubt, was ist verboten?

Wer einmal im Einzugsgebiet eines Schweinemastbetriebes gewohnt hat und bei ungünstiger Wetter- und Windlage den von einem solchen Betrieb ausgehenden Gestank ertragen musste, der wird sich nicht nur einmal die Frage gestellt haben, ob er hiergegen etwas unternehmen kann.

Aber auch verhältnismäßig kleinere Ärgernisse wie ein anrüchiger Komposthaufen in Nachbars Garten oder auch der Qualm eines Grillfeuers auf dem Balkon einer Innenstadtwohnung haben bereits wiederholt die Gerichte beschäftigt.

Auch hier gilt, dass der Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von Gasen, Dämpfen und Gerüchen insoweit nicht verbieten kann, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine wesentliche Geruchsbelästigung dem Grunde nach zu einem Unterlassungsanspruch für den Eigentümer, aber auch den Mieter oder Pächter, eines Grundstücks führt.

Über die Frage der Wesentlichkeit der Belästigung gehen die Meinungen im Streitfall erfahrungsgemäß weit auseinander. Was einem Tierzüchter als vollkommen normal erscheint, führt beim Nachbarn (so ein entschiedener Fall) zu Brechreiz und Kopfschmerzen.

Gerichte stellen bei der Klärung der Frage, ob eine Geruchsbelästigung wesentlich ist, auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschens" ab, beziehen zugleich aber bei der Prüfung dieser Frage "wertende Momente" mit ein.

Orientierungshilfe erhalten die Gerichte im Streitfall dabei von Grenzwerten, die in der TA-Luft (Technische Anleitung Luft) oder, speziell für Geruchsbelästigungen aus der Landwirtschaft, in diversen VDI-Richtlinien (Nr. 3471, 3472 und 3473) zu finden sind. Werden im konkreten Fall die Werte, die in diesen Regelwerken vorgegeben sind, überschritten, dann ist dies ein starkes Indiz für die Wesentlichkeit der Geruchsbelästigung. Weitere Anhaltspunkte kann die Geruchsimmissionsrichtlinie vom 12.01.1993 liefern, die zwar nicht in Bayern, dafür aber in einigen anderen Bundesländern als Verwaltungsvorschrift umgesetzt wurde.

Die Gerüche müssen dabei nicht notwendigerweise rund um die Uhr die Grenzwerte überschreiten und als belästigend empfunden werden, um einen Abwehranspruch des Nachbarn zu begründen. Auch nur eine zeitweise Überschreitung der Wesentlichkeitsgrenze, beispielsweise bei einer bestimmten Wind- oder Wetterlage, löst dem Grunde nach Abwehransprüche des betroffenen Nachbarn aus.

Bei der Entscheidung ist immer zu beachten, dass der Gerüche Emittierende auf berechtigte Belange der Nachbarschaft Rücksicht nehmen muss. Können die Beeinträchtigungen durch einfache Maßnahmen (Versetzen des störenden Komposthaufens oder Müllbehälters; Düngen mit Gülle nur in erforderlichen Umfang; Verlegen der Abluft einer Gaststätten-Küche) vermieden oder auch nur gemindert werden, dann besteht hierauf bei wesentlichen Beeinträchtigungen ein Anspruch des Nachbarn.

Bevor die Gerichte zu einem Unterlassungsanspruch wegen wesentlicher Geruchsbeeinträchtigungen kommen, prüfen sie auch die Frage der Ortsüblichkeit der Beeinträchtigung. So muss beispielsweise gerade im ländlichen Bereich von anderen Voraussetzungen ausgegangen werden als in großstädtischen Wohngebieten. Die Ortsüblichkeit auch einer wesentlichen Beeinträchtigung kann den nachbarrechtlichen Abwehranspruch unter Umständen ausschließen, im Gegenzug aber Entschädigungsansprüche auslösen.

Ortsüblich ist die Nutzung eines Grundstücks nach der Rechtsprechung des BGH (Bundesgerichtshof) dann, wenn "eine Mehrheit von Grundstücken im Vergleichsbezirk bei im Wesentlichen gleicher Nutzung nach Art und Umfang im gleichen Maß beeinträchtigt wird".

Ist nach den Feststellungen des Gerichts auch eine wesentliche Geruchsbeeinträchtigung im konkreten Fall ortsüblich, dann ist diese Einwirkung grundsätzlich zu dulden. Es ist jedoch in diesen Fällen weiter zu prüfen, ob für den negativ betroffenen Nachbarn nicht ein Entschädigungsanspruch gegen denjenigen besteht, der die Gerüche emittiert.

Ein Entschädigungsanspruch in Geld ist bei wesentlichen Geruchsbelästigungen dann gegeben, wenn für den Gerüche Emittierenden Maßnahmen zur Verhinderung der Beeinträchtigung wirtschaftlich unzumutbar sind und wenn die Einwirkung durch den Gestank eine ortsübliche Benutzung des betroffenen Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

Beeinträchtigungen aufgrund hoheitlicher Tätigkeit (z.B. Betrieb einer Kläranlage) sind nur eingeschränkt abwehrbar.